Diese Artikelreihe ist Fortsetzung meiner früheren Beiträge zum bestehenden Geldsystem. Die ersten vier Artikel dieser Reihe finden Sie hier: <link>Teil 1,<link>Teil 2, <link>Teil 3, <link>Teil 4 und <link>Teil 5. Untersucht werden in diesem Aufsatz Vorgänge und Auswirkungen des Sparens auf das bestehende Geldsystem im geldtechnischen Sinn.

 

In Kürze in der Falle

Der Gegenseite der Geldanlagen entsprechen als Gegenbuchung die Schulden durch Kreditvergabe, aus denen die Geldmittel für die Geldanlagen stammten. Selbst ohne Zinsen auf Geldanlagen wird nach einigen Jahrzehnten der Punkt erreicht, an dem die Geldmittel für eine immer größer werdende Anzahl von Schuldnern nicht mehr ausreichen, Rechnungen und Tilgungen zu begleichen. Kredite platzen, Unternehmen, Privatleute und Staaten werden insolvent. Zins und Zinseszins verstärkten und beschleunigten in der Vergangenheit diesen Prozess, sind aber nicht die eigentlichen Ursachen für die Misere.

Eigentlicher Grund sind die Einnahmeüberschüsse, die auf eine immer höher werdende Kante gelegt wurden und werden und die anderen Wirtschaftsteilnehmer zu höherer Verschuldung zwangen, was u.A. an der extremen Ausweitung der Staatsverschuldungen seit 2009 sichtbar wird. Tritt nun das Ereignis ein, dass ohne Aufgabe der Einnahmeüberschüsse (Entsparen) und weiterer Tilgung von (Staaats-)schulden gleichzeitig angefangen wird, die Neuverschuldung zu reduzieren kommt es zum Game Over. Meines Erachtens sind wir gerade dabei, in diese Falle zu tappen.

Weltkonjunktur - Notenbanker tappen in die Japan-Falle:

http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/notenbanker-tappen-in-die-japan-falle-/4541814.html

 

[...]Da Haushalte und Unternehmen ihre Verschuldung schneller abbauen wollen, als der Staat bereit und in der Lage ist, neue Schulden aufzunehmen, geht das gesamte Schuldenvolumen zurück.

Hierin liegt das Problem. Die Schuldenrückzahlung bindet Einkommen, das nicht mehr für sonstige Ausgaben zur Verfügung steht. Die schwache Nachfrage drückt Einkommen und Gewinne, was die Schuldenrückzahlung für Haushalte und Unternehmen gleichzeitig schwieriger und notwendiger macht. Die Japan-Falle ist zugeschnappt.[...]

 

Ein solches Szenario trifft auch unmittelbar die Banken, in deren Bilanzen nun die Vermögenswerte in Form von Kreditforderungen ausgebucht werden müss(t)en. Die direkte Folge ist das Absinken des Eigenkapitals, welches als reine Berechnungsgröße den Unterschied zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten angibt. Banken versuchen nun, sich selbst zu helfen (siehe Link Warren Buffet) oder werden geholfen durch eine Erhöhung ihrer Vermögensseite durch den Steuerzahler, was in 2008/09 noch durch extreme Neuverschuldung der Staaten und Massenmanipulation seitens der Politik und Medien („Alle Spareinlagen sind sicher.“) möglich war.   

http://www.nzz.ch/finanzen/nachrichten/usa_warren_buffett_bank_of_america_1.12124082.html

 

Wertpapiere wurden kurzerhand höher bewertet, Verluste einfach nicht realisiert und schon sprudelten die Gewinne wieder. Die dadurch weiter schwelende Bankenkrise wurde ausgelöst durch das Platzen der Wertpapier- und Immobilienblase, dessen bilanzielle Werte nicht mehr dem möglichen Verkaufswerten entsprachen. Und dennoch liegt die tiefere Ursache der jetzigen Krisen in den Geldanlagen und Guthaben bei Geschäftsbanken, da diese unberührt weiter existieren und nicht an den Verlusten beteiligt werden. Da ein weiteres extremes Hochfahren der Staatsneuverschuldungen kaum noch möglich und vor allem nicht mehr gewollt wird, stehen wir nun im August 2011 an einem bedeutenden Scheideweg:

Sparen als Voraussetzung für Kreditvergaben ist ein Relikt aus der Vergangenheit

Die weit verbreitete Vorstellung, dass Sparvermögen noch heutzutage eine Voraussetzung für eine Kreditvergabe der Banken sei, stammt aus der Zeit als Gold noch Geld war und auch aus der Zeit, als das Gold schon durch Bargeld abgelöst war, es aber noch kein Giralgeld gab.

Zu dieser Zeit stand alles Geld bei allen Beteiligten auf der Vermögensseite der Bilanzen. Damit Banken einen Kredit vergeben konnten, der in Gold bzw. Bargeld ausgezahlt wurde, musste eine Bank über die entsprechende Menge an Gold bzw. Bargeld verfügen. Die Beschaffung des Goldes bzw. Bargeldes erfolgte durch Einzahlungen von Sparern, die für den Verzicht auf Liquidität Zinsen erhielten. Gold bzw. Bargeld wurde zuvor auch vom Staat über die Notenbank (und nicht nur durch Noten- und/oder Geschäftsbanken) in Umlauf gebracht.

So konnte es vorkommen, das eine Bank keinen Kredit vergeben konnte, da sie nicht über genügend Bargeld verfügte. Es kam vor, dass der Kreditsuchende erst warten musste, bis die Bank wieder über ausreichende Geldmittel verfügte.

Die Geldmenge war eine feste Größe, die nur von außen durch den Staat verändert werden konnte. Das Geld befand sich entweder außerhalb von Banken oder in den Tresoren der Banken. Eine Erhöhung war zu Goldzeiten praktisch nur durch die Goldförderung in Goldminen oder durch Diebstahl und Raubmord in anderen Ländern möglich, wie es z.B. zu Zeiten der Entdeckung von Südamerika geschah. Die Folge war eine Goldmengenausweitung in den Ländern der kolonialen Herrscher. Und so führten im Europa des 17. Jahrhunderts die spanischen Importe von Inka- und Aztekengold zu einer Inflation.

 

Zu Bargeldzeiten erfolgte die Veränderung der Geldmenge durch den Staat, der zusätzliches Bargeld über die staatseigene Notenbank in das System eingebrachte.

Mit technischen Fortschritt entstanden Girokonten und Giralgeld löste das Bargeld nach und nach als Zahlungsmittel ab. Wie das Wort schon sagt, wurde Giralgeld selbst zu vollwertigem Geld. Giralgeld steht bei allen Nichtbanken auf der Vermögensseite und bei Banken auf der Schuldenseite. Für eine Kreditvergabe benötigt eine Bank im heutigen Geldsystem keinen Sparer mehr, da mit der Kreditvergabe Giralgeld und eine Kreditforderung gleichzeitig gebucht werden. Bargeld wird bei Bedarf nachträglich beschafft und es handelt sich bei unserer heutigen bedruckten Baumwolle in Wirklichkeit um mehr oder weniger kurzfristig spazieren gehendes Giralgeld.

Das Bild der Bilanzen von Banken wandelte sich mit dem Giralgeld grundlegend. Die Bilanz der Nichtbanken ergänzt sich nur um das Giralgeld, das nun zusätzlich zum Bargeld existiert. Beide Geldarten stehen auf der Vermögensseite einer Nichtbank. Im Gegensatz dazu steht das Giralgeld auf der Verbindlichkeitsseite der Bank. Das Bargeld in den Banken gehört nicht zur Geldmenge M1, sondern gehört zur Größe der Barreserve in Übereinstimmung mit den heute gültigen Gelddefintionen. Siehe auch:

<link>Veränderungen der Geldmengen früher und heute

Erst seit etwa den 1970iger Jahren entstand als neues Zahlungsmittel das Giralgeld, welches zu den reinen Goldgeld- und Bargeldzeiten nicht existierte (oder bei ganz genauer Betrachtung nur in winzigen Mengen vorhanden war und praktisch keine Rolle im Wirtschaftsleben spielte).

In der Übergangszeit vom reinem Goldgeld zum Papiergeld findet man das gleiche Bild wie in der Zeit des Übergangs vom reinem Papier- zum Giralgeldsystem. Das Papiergeld, das eine Kennzeichnung der herausgebenden Bank trug, existierte neben dem Gold und wurde auf der Passivseite der Bankbilanz verbucht. Es konnte von der Bank durch Kreditvergaben erzeugt werden. Analog dem Giralgeld von heute wurde eine Kreditforderung und die Banknoten gebucht.

Banken konnten in dieser Zeit Papiergeld erzeugen, ohne dass die entsprechende Menge Gold in den Kassen vorhanden war: spiegelbildlich zum heutigen Giralgeldsystem. Verändert hat sich lediglich der physische Stoff der Grundlage des Geldsystems: Vom Edelmetall zu bedruckter Baumwolle, bis hin zur Abschaffung fast jeglicher physischer Grundlage von Geld, womit Informationseinheiten in Form von Bits und Bytes in Computern gemeint sind.

Die Darstellung der Bilanzen von Banken und Nichtbanken lässt fast das gleiche Bild entstehen wie heute mit dem Giralgeld. Der Unterscheid ist, das in dem Zeitraum das Gold in der Bankkasse auch zum Geld zählte.

Sowohl die Anfänge des Papiergeldes als auch das heutige Giralgeld haben die Notwendigkeit von Sparern für Kreditvergaben außer Kraft gesetzt. Nur in den Zeiten des reinen Bargelds als auch in den Zeiten des reinen Goldgeldes waren Sparer als Kapitalgeber für die Kreditvergabe notwendig.

In Deutschland liegt der Übergang von vom Staat zur Verfügung gestelltem Papiergeld zum Giralgeld im Zeitraum zwischen 1955 und 1970. Erst mit der Zunahme von Girokonten konnte sich das Giralgeld entwickeln und seine Unabhängigkeit vom Sparen entwickeln. Den Siegeszug des Giralgelds ist durch den Ausbau der Telekommunikation als auch durch die Entwicklung der Elektronischen Datenverarbeitung möglich geworden.

Am Anfang steht der Glaube (Kredit) an eine positive Zukunft. Zu Beginn steht also der Kredit, der die Zahlungsmittel in die Welt setzt, die gespart werden können. Banken verleihen heutzutage also kein Geld mehr weiter, sondern sie vergeben Kredite und erschaffen das Geld durch diesen Vorgang. Diese Wandlung im Geldsystem ist heute allerdings bei vielen  Wirtschaftswissenschaftlern, Finanzexperten und Bänkern noch nicht angekommen, so dass immer noch verbreitet wird, das Gesparte von Banken würde weiterverliehen. Doch ist die Welt tatsächlich eine Kugel und keine Scheibe.

Abschließend sei gesagt: Mit dem vorläufigen Endergebnis der Entwicklung des

Geldsystems stehen wir heute an einer Schwelle, in der Geld fast nur noch als reine Informationseinheiten in Form von Bits und Bytes in Computern zur Verfügung steht. Damit stehen wir am Beginn einer neuen Ära, die einerseits Gefahren mit sich bringt (z.B. Überwachung der Zahlungsströme, Einschränkung der bürgerlichen Freiheit) andererseits aber auch große Chancen bietet, indem durch Entmystifizierung des Ge(o)ldes, Geld als das angesehen werden kann, was es tatsächlich ist: reine Information, die für sich genommen es nicht wert ist, aus sich selbst heraus übermäßig und exponentiell zu wachsen und gleichzeitig übertrieben lange gehortet zu werden.

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